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Entwurmungsschema Selektive Entwurmung

Durch die immer weiter um sich greifende Bildung von Resistenzen gegen die vorhandenen Mittel hat sich die wissenschaftliche Meinung zum konventionellen Parasitenmanagement geändert, da diese Methode Resistenzen eher fördert, als dass sie sie verhindert.

Es wird daher eine alternative Methode, die sich auch in der Praxis ebenfalls sehr gut durchführen lässt, empfohlen. Diese Methode heißt selektive Entwurmung.

Selektive Entwurmung Allgemein

Die Methode der selektiven Entwurmung beruht darauf, eine geringe Verwurmung zu tolerieren und nur zu behandeln, wenn ein bestimmter Grenzwert überschritten wird. Bei wissenschaftlichen Untersuchungen wurde nämlich festgestellt, dass eine geringgradige Verwurmung von Pferden gut toleriert wird. Es gibt sogar Aussagen, dass eine leichte Verwurmung gut für das Immunsystem ist.

Der Hintergrund dieser neuen Entwurmungsstrategie ist, dass der Genpool der Würmer, die mit Wurmkuren bekämpft werden können, erhalten bleibt und so Resistenzen vorgebeugt wird.

Dies funktioniert (stark vereinfacht) wie folgt:

Resistenzen bilden sich per Zufall durch Änderungen im Genpool der Parasiten. Wenn man immer alle Pferde des Bestandes entwurmt, überleben nur die Würmer die resistent sind (Darwin: survival of the fittest). Da diese Würmer sich zwangsläufig nur mit anderen resistenten Würmern paaren können, bildet sich irgendwann ein resistenter Stamm aus.
Werden nicht alle Pferde entwurmt, überleben auch Würmer, die von einer Wurmkur getötet würden. Diese bilden dann einen Genpool, der sich mit den resistenten Würmern mischt und so die Bildung eines resistenten Stammes verhindert oder doch zumindest stark verzögert.

Damit dieses System bei den Pferdebesitzern akzeptiert wird, bedarf es intensiver Aufklärungsarbeit durch den Stallbetreiber, damit die Pferdebesitzer / Kunden verstehen, worum es geht.

Argumentationshilfen und weitergehende Informationen finden sich auf der Projekthomepage www.selektive-Entwurmung.com.

Die Selektive Entwurmung im Pferdepensionsstall

Da in einem Pensionstall durch die immer wieder wechselnden Bestände schwierigere Bedingungen herrschen, als in einem konstanten Bestand und weil Transparenz gegenüber den Kunden wichtig ist, haben wir das Verfahren etwas modifiziert.

Die Teilnahme an diesem neuen Entwurmungsschema ist freiwillig. Der Kunde muss einmalig entscheiden, welche Entwurmungsstrategie er besser findet. Wir empfehlen an dieser Stelle die selektive Entwurmung.

Bei den an der selektiven Entwurmung teilnehmenden Pferden wird 3 mal im Jahr eine Kotprobe genommen. Die Kotproben werden in einem dafür ausgestatteten Labor nach dem McMaster Verfahren ausgewertet. Dabei werden die Eier der Parasiten gezählt, nicht eventuell vorhandene Parasiten / Würmer.
Anschließend werden nur die Pferde entwurmt, die eine Wurmausscheidung größer 200 Eier /Gramm Kot haben. Alle geringergradig verwurmten Pferde werden nicht (!!!) behandelt.

Nach einem festgestellten Befall mit mehr als 200 Eiern / Gramm Kot und der anschließenden Wurmkur wird das Pferd nach 14 Tagen nochmals auf Wurmeier untersucht. Wird kein drastischer Rückgang der Verwurmung festgestellt, kann von einem resistenten Wurmstamm in diesem Pferd ausgegangen werden und die Behandlung muss mit einem anderen Wirkstoff wiederholt werden (Die Kontrolle ebenfalls!).

Diese Nachkontrolle nach gegebener Wurmkur ist sehr wichtig. Sie sichert den Erfolg der Maßnahme und des ganzen Schemas!

Einmal im Jahr im Herbst wird gegen Dasselfliegen mit einem passenden Wirkstoff entwurmt. Ist über die Kotproben auch ein Bandwurmbefall festgestellt worden, wird gleichzeitig zusätzlich gegen Bandwürmer behandelt (Hier gilt die Devise, wenn bei einem Pferd im Bestand ein Befall nachgewiesen wird, ist der geamte Bestand zu behandeln!).  

Die Untersuchungen der Kotproben muss völlig transparent erfolgen und jeder Anschein einer Manipulation durch den Stallbetreiber muss ausgeschlossen sein. Am Besten erhalten die Pferdebesitzer den originalen Befund des Labors.

Die Kot-Untersuchung sollte nicht vom örtlichen Tierarzt durchgeführt werden. Hier sollte ein Speziallabor beauftragt sein, dass die Auszählung der Wurmeier computergestützt hochgenau vornehmen kann.

Die Kotproben müssen so frisch wie irgend möglich beim Labor ankommen, da sich die Eier bei Temperaturen oberhalb von 10° Celsius zu Larven umwandeln und dann nicht mehr gezählt werden können. Evtl. beim Versand im Sommer eine Thermobox mit Kühlakku verwenden (bei Tierärzten oder Apotheken nachfragen!).

In Offenställen müssen die Kotproben rektal genommen werden. Sollte dies bei einem Pferd nicht möglich sein, wird dieses konventionell auf Verdacht entwurmt.  

Neuzugänge laufen wie auch bei der konventionellen Entwurmung durch eine "Hammerentwurmung" mit einer kurzen Quarantäne

Für Jungpferde und Mutterstuten gelten andere Regeln da hier aufgrund bestimmter Umstände sehr häufig entwurmt werden muss.

Da in einem Pensionstall möglicherweise nicht alle Pferde an der selektiven Entwurmung teilnehmen, ist es wichtig, die Wurmkurgaben terminlich zu koordinieren. Glücklicherweise gelten für die selektive Entwurmung die gleichen sinnvollen Termine sind wie in der konventionellen Entwurmung:

01.01., 01.04., 01.07., 01.10. (= Entwurmung gegen Dasselfliegen und ggf. Bandwurm).

Die Wahl der Wurmkurmittel kann, wenn keine Resistenzen vorliegen analog zum konventionellen Schema erfolgen.

Betriebswirtschaftliche Betrachtung der selektiven Entwurmung

Um ein koordiniertes, zeitgemäßes  Parasitenmanagement in einem Pferdepensionsbetrieb zu gewährleisten und gleichzeitig eine faire Lasten- und Kostenverteilung zu realisieren, haben wir das auf Hof Lüttgesheide wie folgt geregelt:

  • In unserem Pensionspreis ist ein zentrales Parasitenmanagement enthalten.
  • Unser Pensionsvertrag lässt dem Kunden die Wahl zwischen 4 Wurmkuren im Jahr oder 1 Wurmkur und drei hochwertige Kotuntersuchungen (s.o.).
  • Die Untersuchungen werden nur von großen Laboren mit entsprechender Reputation durchgeführt.
  • Den Kunden werden die Untersuchungsergebnisse zeitnah weitergegeben.
  • Eventuell notwendige Behandlungen im Rahmen der selektiven Entwurmung werden durch den Pensionsbetrieb durchgeführt und dem Kunden zum Selbstkostenpreis in Rechnung gestellt.

Ein Werkzeug zur Verwaltung der Proben und der Probenergebnisse ist hilfreich. Unsere Hofdatenbank ist grundsätzlich für diese Dinge geeignet.